Grauburgunder: Alles Wissenswerte über den Pinot Gris - WineAmigos

Grauburgunder: Alles Wissenswerte über den Pinot Gris

February 01, 2019Simon Linke

Bei vielen beliebt, von manchen belächelt: Seit der Grauburgunder unter seinem italienischen Namen Pinot grigio auf den deutschen Markt drängte, hat er zahlreiche Freunde hinzugewonnen; sich aber gleichzeitig einige Feinde gemacht.

Während erstere ihn als frisches Sommergetränk und vielseitigen Begleiter zu zahlreichen Speisen schätzen, vermissen die anderen seine einstige schwere Süße. Tatsächlich hat Grauburgunder einen grundlegenden Wandel erfahren. Der spiegelt sich nicht nur im Geschmack des Weines, sondern auch im An- und Ausbau der Reben wider. Die Stöcke werden in vielen Ländern Europas gepflegt und sind mittlerweile sogar in Australien und Neuseeland beheimatet.

 

Grauburgunder: Herkunft und Geschichte

Je nach Abstammungsregion, Ausbau und Geschmack trägt das fertige Getränk heute ganz unterschiedliche Bezeichnungen. Sie verraten Kennern viel über die Herkunft, die zu erwartenden Aromen und die besten Kombinationsmöglichkeiten des servierten Produkts.

Doch nur wenige wissen, dass der weitverbreitete Grauburgunder schwer zu halten ist. Seine Reben sind eine Pinot-noir-Mutation und mit französischen Burgunderweinen verwandt – weswegen sie einige komplizierte Eigenschaften besitzen und alles andere als ein "leichter Sommerwein" sind.

Was vor allem Kritiker am eingangs benannten italienischen Pendant bemängeln, erläutert ein Blick in die Geschichte des Grauburgunders

Ursprung und Verbreitung des Grauburgunder:

Durch seine enge Verwandtschaft zum Pinot Noir vermuten Experten, dass er aus dem Burgund in deutschsprachige Länder gelangt ist. Bereits im 13. Jahrhundert soll er in den Klostergärten des heutigen Österreich kultiviert worden sein.

Der daraus gewonnene "Graue Mönch" begeisterte auch Karl IV. – weswegen er die zugrundeliegenden Reben mit nach Ungarn nahm, wo sie ab 1375 angebaut wurden.


Rückkehr und Vergessen

Rund 200 Jahre später brachte der adlige General Lazarus von Schwendi die Traube zurück ins deutsch-französische Grenzgebiet. Von dort aus gelangte Grauburgunder zum baden-württembergischen Kaiserstuhl und nach Speyer.

Auch hier konnte der Wein buchstäblich Fuß fassen; geriet im Laufe weiterer 150 Jahre jedoch offenbar ein wenig in Vergessenheit.


Wiederentdeckung und Variation

Erst 1711 entdeckte der Kaufmann und Apotheker Johann Seeger Ruland ihn wieder: Er fand eine Anzahl verwilderter Reben, kultivierte sie und etablierte das erzielte Getränk unter seinem Namen.

Viele Winzer erkannten rasch, welche Vorzüge die ehemals aus Frankreich stammende Sorte bot und verbreiteten die Grauburgunder-Trauben als "Ruländer" weiter.

Grauburgunder Geschmack: Die typischen Aromen des Pinot Gris

Der Grauburgunder oder eben Ruländer liefert durch reif geerntete, zum Teil edelfaule Früchte einen tendenziell schweren, süßlichen Wein – dessen Geschmack von einem markanten Edelpilz-Ton durchsetzt ist. Unter Anhängern seltener Aromen erfreut sich diese Variante des Grauburgunders ausgesprochen großer Beliebtheit.

Nachdem Winzer in einigen Gegenden dazu übergegangen sind, die Trauben deutlich früher zu lesen und nur gesunde Früchte für das Ansetzen zu verwenden, zeigt der ehemals liebliche Wein mehr Säure, weniger Süße und einen wesentlich eleganteren Geschmack.

Diese Version ist in Deutschland als der eigentliche Grauburgunder bekannt; in Italien und Frankreich heißt er dagegen Pinot Grigio beziehungsweise Pinot Gris.

Trocken ausgebaut liefern die Reben einen Wein von kräftiger goldgelber Farbe, die bei sehr hoher Qualität ins Bräunliche chanchieren kann.

Sein frisches Bukett erinnert an Mandel- und Haselnuss-Kerne sowie an Kastanien, Butter und Kokos. Geschmacklich treten typischerweise fruchtige Aromen von

 

  • Äpfeln
  • Birnen
  • Ananas
  • getrockneten Weinbeeren und
  • Zitrusfrüchten

 

hervor.

Grauburgunder aus Deutschland: Klassische Anbaugebiete

Was so leicht und erfrischend klingt, ist weinbaulich ziemlich schwierig: Die Reben vertragen Klimaschwankungen nur schlecht.

Auf plötzlich steigende Temperaturen reagieren sie ebenso empfindlich wie auf unvermittelte Kälteeinbrüche – weswegen sie in kühleren Anbaugebieten ausschließlich auf Südhängen angebaut werden. Hier sollte der Boden warm und ausreichend kalkhaltig sein.

Als mittelfrüh austreibendes Gewächs ist Grauburgunder der Gefahr später Nachtfröste in den Frühlingsmonaten ausgesetzt. Darum müssen die Anbauflächen entsprechend geschützt liegen beziehungsweise geschützt werden können.

Aufgrund ihrer dünnen Schale reagieren die Beeren stark auf physikalische Einflüsse. Schon ungünstig auftreffender oder starker Regen oder grobes Anpacken kann zu Verletzungen führen, so dass die Grauburgunder-Trauben Saft verlieren.

Im Mittel- und Südteil zu Hause

Winzer, die die relativ empfindlichen Gewächse kultivieren, benötigen einiges an Erfahrung. Innerhalb Deutschlands konzentrieren sich die günstigen Bedingungen und langjährige, weitergegebene Kenntnisse vor allem auf den Mittel- und Südteil des Landes.

Neben badischen Weinbauern produzieren auch pfälzische und rheinhessische Winzer größere Mengen Grauburgunder. Durch den Klimawandel setzen auch Winzer aus dem Mittelrhein- und Ahrtal verstärkt auf den Grauburgunder. Er ist eine der wenigen Weißwein-Sorten, deren Anbau noch immer kontinuierlich zunimmt.

Die "grauburgundisch besetzte" Fläche beläuft sich insgesamt auf etwas mehr als 5.600 Hektar. Davon entfällt der größte Teil auf die rheinland-pfälzischen Gebiete

Den zweiten Platz nimmt Baden-Württemberg mit insgesamt 2.095 Hektar Anbaufläche ein. Ihm folgt Hessen, dessen 69 Hektar auf die Hessische Bergstraße und das Rheingau entfallen. Fast gleichauf rangiert das bayrische Franken mit 66 Hektar. Überraschendes Schlusslicht im Ranking ist Sachsen-Anhalt, von dessen gerade einmal 45 Hektar die berühmten Saale-Unstrut-Weine stammen.

Grauburgunder zum Essen: Perfekt kombinieren

Je nachdem, ob sie als "Kabinett" oder als "Spätlese" auf den Markt kommen, passen sie eher zu leichten Gerichten oder zu so genannten schweren Speisen. Da Grauburgunder für gewöhnlich jung getrunken wird, besitzt er meist eine harmonische Säure.


Junge Grauburgunder zu Vor- und leichten Speisen

Der in diesem Stadium mittelkräftige, frisch-trockene Geschmack harmoniert hervorragend mit

 

  • Vorspeisen
  • Pasta
  • Fisch
  • Meeresfrüchten

 

Kräftige Grauburgunder zu kräftigem Essen

Zu einem späteren Erntezeitpunkt ergeben die Grauburgunder-Beeren einen kraftvolleren Wein mit deutlich fruchtigeren Noten, der besser zu

 

  • Lamm
  • Jungem Wild
  • Kräftig schmeckenden Fischsorten
  • Reifem Weichkäse

 

passt.

Liebliche Grauburgunder zu Süßspeisen

Wer einen Dessert-Wein sucht, wird beim Grauburgunder ebenfalls fündig. Sein nussig-buttriges Bukett macht ihn zum idealen Begleiter von Süßspeisen mit

 

  • Honig
  • Mandeln
  • Marzipan
  • Weißer Schokolade

 

Grauburgunder abseits traditioneller Genüsse

Wie wandelbar der Wein als Begleiter ist, zeigt sich auch bei weniger traditioneller Verwendung. Zahlreiche Star-Gourmets haben dem Klassiker ganz neue Seiten abgerungen und ihn in innovativen Rezepten verwendet. Wenn Sie offen genug sind, mit Grauburgunder zu experimentieren, könnten Ihnen diese Ideen zusagen:


Wein vor allem – Pinot Gris als Aperitif

Durch seine frischen Apfel- und Zitrustöne sowie die appetitanregende Säure eignet sich Grauburgunder als "Opener" umfangreicher Menüs. Zu diesem Zweck können Sie ihn pur und gut gekühlt oder in einem Cocktail genießen. Folgendes Rezept lohnt es sich, auszuprobieren:

  • Eiswürfel
  • 100 ml Pinot Grigio / Pinot gris / Grauburgunder
  • 2 cl Gin
  • 1-2 Scheiben Salatgurke
  • Mineralwasser

In der genannten Reihenfolge in ein Londrinkglas füllen.


Wein für alle – Pinot Gris als Bowle

Desweiteren ist Grauburgunder eine hervorragende Grundlage für eine "weiße Sangria". Für eine ganz einfache Variante ihrer Art benötigen Sie

  • eine Flasche Pinot grigio / Pinot gris / Grauburgunder
  • ca. 100 ml Apfel- und
  • ca. 25 ml Zitronensaft
  • dünn geschnittene Apfel-, Zitronen- und Orangenscheiben
  • etwa 250 ml Mineralwasser

Wie schon im Aperitif-Rezept alle Zutaten der Reihenfolge nach in ein geeignetes Gefäß füllen und gut gekühlt (!) servieren.

Nach persönlichem Geschmack können sie weitere Früchte wie helle Trauben oder weiße Pfirsiche, das Mark einer Vanilleschote und / oder etwas typisch spanischen Likör hinzufügen.

Für authentisches Sangria-Feeling füllen Sie die Grauburgunder-Bowle zum Schluss mit hochwertigem trockenen Sekt auf. Cheers!

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