Trocken, halbtrocken, lieblich – die Weinbezeichnungen kennt man. Aber jetzt auch noch "Wein feinherb"? Was ist das, wie schmeckt denn bitteschön ein feinherber Wein? Wir klären auf…
Schon seit einiger Zeit gibt es einen klaren Trend hin zu trockenen und weg von halbtrockenen Weinen. Letzteres auf dem Etikett ist also für den Verkauf nicht unbedingt förderlich. Es sei denn, man erfindet eine neue Kompromissbezeichnung (die kaum einer kennt) und die mehr trocken als lieblich klingt. Voilà, der Wein feinherb war geboren.
In Deutschland waren es vor allem die Moselwinzer, die die Geschmacksbezeichnung in den Jahren 2001/2002 durchgesetzt haben. In Trier war es das Verwaltungsgericht, im Land Rheinland-Pfalz das Oberverwaltungsgericht, das sich mit feinherbem Wein befasste. Seitdem darf auf Etiketten die Geschmacksrichtung "feinherb" stehen.
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Wein feinherb: Irgendwo zwischen halbtrocken und lieblich
In der Europäischen Union (EU) sind die Angaben zum Geschmack, auch Geschmacks- oder Süßegrade genannt, genau festgelegt (Verordnung 2002).
Die offiziellen Bezeichnungen in Deutschland sind:
- Trockener Wein Er darf höchstens 9 Gramm pro Liter (g/l) Restzucker enthalten. Der Säuregehalt darf nicht geringer als maximal 2 g/l sein.
- Halbtrockener Wein Er hat einen Restzuckergehalt von über 9 bis zu höchstens 18 g/l. Der Säuregehalt liegt laut EU-Vorschrift maximal 10 g/l unter dem jeweiligen Restzuckergehalt.
- Lieblicher Wein Hier liegt der Restzuckergehalt zwischen 18 und 45 g/l.
- Süßer Wein Er besitzt einen Restzuckergehalt, der über 45 g/l angesiedelt ist. Also schon sehr viel, Limonaden beginnen schon bei 50 g/l.
Wichtig: "Wein feinherb" ist kein Synonym für einen halbtrockenen Wein. Auch ist er nicht, wie die Geschmacksbezeichnung halbtrocken, eine offizielle, von der EU festgelegte Geschmacksrichtung.
In anderen europäischen Ländern heißen die oben genannten Kategorien natürlich anders.
Beispiel Italien (gleiche Reihenfolge)
- asciutto
- abboccato
- amabile
- dolce
Beispiel Frankreich
- sec
- demi sec
- moelleux
- doux (douce)
Beispiel England
- dry
- medium dry
- medium sweet
- sweet
Der Weinbegriff feinherb entstand dann aus dem Wunsch heraus, keinen halbtrockenen, aber auch keinen trockenen oder gar lieblichen Wein zu machen. Aber nach süß sollte bitte auch nicht klingen. Stattdessen war ein Hauch von feiner Süße mit attraktivem, dezent-herbem Trockenheitsgrad erwünscht. Was lag also näher, als einen Wein zu kreieren, der beide Richtungen so harmonisch wie möglich verbindet.
Wein feinherb bezeichnet also im Allgemeinen einen roten oder weißen Wein, der grob zwischen halbtrocken und lieblich liegt. Mit einer leichten Restsüße versehen, die abpuffernd auf die Weinsäure wirkt.
Der schon etwas trockene Wein weist meist mit seiner Restsüße auf einen fruchtigen Charakter hin. So bildet sich das angenehme Mittel zwischen fein und herb.
Die Geschmackswerte liegen hier meist in der Nähe der Werte für halbtrockene Weine. "Wein feinherb" hat üblicherweise einen Restzuckergehalt um die 18 Gramm pro Liter, leicht darunter oder gelegentlich leicht darüber. Auf jeden Fall aber deutlich unter 45 Gramm pro Liter.
Wer eigentlich eher trockene Weine liebt, aber auch mal eine leichte Süße mag, findet in feinherbem Wein seine Vorstellungen meist erfüllt.
Zwischen Säuregehalt und Zuckeranteil
Frucht- und Traubenzucker sowie Apfel- und Weinsäure entwickeln sich während des Reifeprozesses in der Traube. Je reifer die Weintraube, desto höher der Zuckergehalt und desto geringer der Anteil der Säuren.
Beim Vergären der Weintrauben nach der Lese wandeln spezielle Hefebakterien den Zucker in Alkohol um. Je nachdem, ob trockener, halbtrockener, lieblicher oder süßer Wein gewünscht wird, lässt sich der Gärprozess früher oder später stoppen. Dies kann durch Filtern oder Sterilisieren des Weines sowie durch Zugabe von Schwefel oder unvergorenem Most geschehen. Der jeweils im Wein verbleibende Zucker heißt Restzucker.
Er ist, im Zusammenspiel mit Alkohol und Weinsäure, für die Geschmacksrichtung des Weines zuständig. Bei Rotweinen kommt als Faktor für den Geschmack noch Tannin (Gerbstoffe der Traubenschale) hinzu.
Wein muss, laut EU, einen Alkoholgehalt von mindestens 8,5 Volumenprozent haben, um als Wein zu gelten. Beim Verkosten beeinflussen den Geschmack eines Weines natürlich auch seine Temperatur und das Glas, aus dem er genossen wird.
Wein feinherb: Zu welchen Speisen passt der Wein?
Ob ein solcher Wein die Geschmackspapillen mehr überzeugt als ein halbtrockener oder lieblicher? Die klare Antwort ist: Verkosten!
Geschmäcker sind dazu einfach zu verschieden. Der eine Weintrinker empfindet einen solchen Wein als süßlich-herb, die andere (bei niedrigem Säuregehalt) schon wieder als lieblich oder zu süß. Und ist der Säuregehalt höher, wird aus einem als feinherb bezeichneten Tropfen auch plötzlich ein eher trocken empfundener Wein.
Auch die Lagerung und die Reife können solche Weine entscheidend in der Wirkung prägen und zu einem süßeren oder trockeneren Empfinden kippen lassen. Ein typisches Beispiel hierfür sind sogenannte edelsüße Weine oder Dessertweine (zum Beispiel Beerenauslese), die oft nach längerer Reife eine geringere Süße als in der Jugend aufweisen.
Speziell Riesling-Weine aus der Mittelrhein-Region verkörpern mit ihrer mineralischen Säure und leicht höherem Restzuckergehalt den feinherben Weintyp besonders gut. Diese Weine wirken stets rund und saftig, aber nicht unbedingt süßer.
Feinherber Wein bietet sich zu vielen Speisen als Begleiter an: Zu Spargel oder Fisch genauso wie zu scharfem Geflügel oder asiatischen Gerichten.