Champagner: Das gewisse Prickeln - WineAmigos

Champagner: Das gewisse Prickeln

April 18, 2023Simon Linke

Ein Gastbeitrag von Ingo Konrads

Gibt es ein Getränk, das mehr zum Inbegriff der Liebe geworden ist als Champagner? Für Casanova gehörte er zur "Grundausstattung des Verführers". Coco Chanel sagte immer: "Ich trinke Champagner nur zu zwei Gelegenheiten: Wenn ich verliebt bin und wenn ich nicht verliebt bin!"

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Prickelwasser: Champagner ist immer dabei

Mit keinem Getränk kann man die Ereignisse rund um die Liebe so würdigen wie mit Champagner:

  • die Verlobung,
  • die Hochzeit,
  • die Geburt des Kindes,
  • der erste Arbeitstag des französischen Kindermädchens,
  • die erste Nacht mit dem französischen Kindermädchen,
  • die Scheidung.

Und immer Champagner dabei.

Champagner ist Mythos, teures Prickelwasser, Treibstoff des frohen Leichtsinns und der flüchtigen Liebe!

Wir haben fast alle schon einmal Champagner getrunken. Aber kaum jemand kennt die Wahrheit hinter diesem Luxusgetränk.

Wussten Sie zum Beispiel, dass Champagner in der Regel aus drei verschiedenen Traubensorten besteht, wovon nur eine weiß ist? Nämlich der Chardonnay. Die anderen Sorten sind rot: Pinot Noir (Spätburgunder) und Pinot Meunier (Schwarzriesling). Sie werden aber wie ein Blanc de Noir weiß gekeltert, weshalb der Champagner auch weiß wirkt.

Die Geschichte des Champagners

Champagner ist keineswegs ein Getränk des Südens, er wächst relativ weit im Norden Frankreichs: Ungefähr auf der Höhe von Saarbrücken und gar nicht so weit entfernt davon. Nicht sexy, oder? Der Boden der Champagne ist eher karg und nährstoffarm, was dem Champagner aber paradoxerweise guttut. Aus schlechtem Boden produziert der Rebstock ein hervorragendes Ergebnis.

Champagner ist in den seltensten Fällen sortenrein. Oft wird er aus 40 bis 60 verschiedenen Grundweinen zusammengeschüttet.

Schon die Römer bauten in der Champagne Wein an. Im Mittelalter befasste sich der Mönch Dom Pérignon intensiv mit der Weinherstellung, später nannte man ihn Vater des Champagners. Er war ein großes Talent und häufig betrunken.

Preisfrage: Was trank König Ludwig der 14.? König Pilsener? Nein, weit daneben. Er trank Champagner, und das war so etwas wie der landesweite Durchbruch der Edelbrause. Was ein König trank, tranken alle.

Bald wird Champagner an allen europäischen Höfen getrunken. Friedrich der Große in Berlin ist ja für seine Liebe zur französischen Kultur bekannt. Kein Wunder, dass auch er ein großer Freund des Champagners wurde.

Von ihm ist eine wunderbare Episode überliefert:

Immer noch war nicht bekannt, warum Champagner diese eigentümlichen Bläschen entwickelt. Die Forscher der Zeit konnten es sich nicht erklären, behaupteten aber, sie seien gesund und ein probates Mittel gegen Malaria. Mit preußischer Disziplin und Forschergeist wollte Friedrich der Große nun unbedingt hinter das Geheimnis kommen, warum der Champagner prickelt. Er beauftragte Experten der Berliner Akademie der Wissenschaften, die sich gerne bereit erklärten, das Rätsel zu lösen. Allerdings benötigten sie dazu Untersuchungsmaterial, nämlich etwa 40 Flaschen aus dem Keller des Königs. Als Friedrich das hörte, verweigerte er die Herausgabe der Flaschen und sagte, lieber würde er dumm sterben, als seinen Champagner zu opfern. Er starb tatsächlich dumm.

Weiter östlicher war man schon begeisterungsfähiger. Pro Jahr bestellte der russische Zarenhof mehrere 100.000 Flaschen, übrigens nicht zu Forschungszwecken.

Tatsächlich explodierten die Flaschen oft. Der Prozess der Gärung war zu der Zeit noch nicht richtig erforscht. Ohne eine Schutzmaske mit Eisengittern näherte sich in den Kellern niemand den Flaschen. Kettenreaktionen waren nicht selten.

Manchmal blieben von 6.000 Flaschen nur 120 übrig. Was für eine Verschwendung. Manche Winzer machten buchstäblich mit den Altglasscherben mehr Geld als mit Wein. Der Frust war groß. Trotzdem hielten die Winzer fest an der Produktion, besonders ein gewisser Claude Moët, der die Hofmätresse Madame de Pompadour als Kundin gewinnen konnte, was ja schon die halbe Miete war. Von ihr ist das Zitat überliefert: "Champagner ist das einzige Getränk, das Frauen schöner macht, je mehr sie davon trinken."

Chaptalisieren: Champagner mit Zucker anreichern

Als die Französische Revolution 1789 ausbrach, reagierte der Adel im wahrsten Sinne des Wortes kopflos. Und mit jedem Kopf auf der Guillotine verloren die Champagnerproduzenten eine durstige Kehle. Ein echtes Problem.

Zum Glück betrat aber bald Napoleon Bonaparte die Bühne. Er sollte zum Freund und Förderer der Champagne und des Champagners werden. Und das unter anderem mit Hilfe seines Innenministers. Der hieß Jean Antoine Chaptal und war Chemiker. Er hatte die Idee, Wein mit Zucker anzureichern, ihn damit runder zu machen und den Alkoholgehalt zu erhöhen. Sie sehen, damals haben Innenminister noch einen richtig guten Job gemacht.

Noch heute heißt das Verfahren Chaptalisieren – abgeleitet von Jean-Antoine Chaptal. Dieser Tipp war für die Champagne ein Glücksfall. Zu oft wurden die Trauben hier im Norden Frankreichs nicht richtig reif und bildeten zu wenig Zucker. Doch es war schwierig, Zucker zu beschaffen. Er war damals ein Luxusgut und kam überwiegend von den Zuckerrohrplantagen aus Übersee. Da entsann sich Napoleon, dass er mal davon gehört hatte, dass man auch aus einer bestimmten Rübenart Zucker gewinnen könne. Eine berauschende Idee für den Champagner. So begann die industrielle Rübenzuckerproduktion in Frankreich.

Ab dieser Zeit fand der profane Haushaltszucker aus der Zuckerrübe Eingang in den Champagner, übrigens bis heute. Aber keine Sorge, der Zucker ist vegan. Und von da an war der Siegeszug der Kultbrause nicht mehr aufzuhalten.

Aber jetzt halten Sie sich fest: Der Champagner wurde dadurch natürlich SÜSS. "Flüssigkleber", wie die Sommeliers heute sagen! Napoleon selbst trank übrigens nur wenig Alkohol. Bei Champagner machte er eine Ausnahme. Überliefert ist sein Bonmot: "Wenn man siegt, verdient man ihn. Bei einer Niederlage braucht man ihn."

Just zu dem Moment begannen die Champagnerhäuser, die europäischen Truppen über Grenzen hinweg mit Champagner zu beliefern. Man wollte die Soldaten bei Laune halten.

Als Napoleons Armee 1811 auf Moskau vorrückte, hatte ein gewisser Champagner-Winzer namens Charles-Henri Heidsieck eine wahnsinnige Idee: Er wollte vor Napoleon auf dem roten Platz stehen, um mit den Siegern anzustoßen. Werbewirksam kaufte er sich einen weißen Hengst und ritt daraufhin über 3.000 Kilometer von Reims nach Moskau. Umjubelt von der Bevölkerung entlang der Route. Tatsächlich erreichte er noch vor Napoleon Moskau. Eine Sensation! Und eine unglaubliche Werbemaßnahme. Er soll damals gesagt habe: "Ein kleiner Ritt für mich, aber ein großer für die Menschheit!"

1870 wurde der Champagner "trocken"

Der Champagner blieb über Jahrzehnte süß. Aber Anfang der 1870er Jahre machte sich eine gewisse Louise Pommery daran, einen trockenen Champagner zu entwickeln. Das war eine echte Herausforderung. Es reichte nicht, den Zucker einfach wegzulassen. Die Herstellung war deutlich aufwendiger, denn man benötigte dafür:

 

  • absolut sauberes Lesegut,
  • eine längere Reifezeit der Trauben,
  • eine längere Reifezeit des Champagners selbst.

 

Außerdem konnten Weinfehler im Getränk nicht einfach mit Zucker überdeckt werden. Das größte Hemmnis, einen trockenen Champagner zu vermarkten, war indes der auf süß programmierte Kundengeschmack.

Ausgerechnet die Engländer konnten dem trockenen Champagner viel abgewinnen, war er doch ein großer Kontrast zu den süßen Sherrys, Ports und Madeiras, die auf der Insel getrunken wurden. Und noch heute trinkt James Bond Bollinger Champagner (bei Amazon)*, passen Sie mal auf.

1874 war es dann soweit. In diesem Jahr lief alles perfekt. Ein Jahrhundertjahrgang. Louise Pommery schuf den ersten wirklich trockenen Champagner. Pommery machte das Geschäft ihres Lebens, die kleine Firma wurde zu einem führenden Champagnerhaus und veränderte die gesamte Branche. Als Louise Pommery 1890 genau an ihrem 72. Geburtstag starb, entschied sich Frankreich, erstmals für eine Frau ein Staatsbegräbnis auszurichten.

Wenige Tage später zogen bei der Beerdigung über 20.000 Menschen durch die engen Gassen von Reims. Denken Sie daran, wenn Sie wieder einmal Pommery trinken…

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Die Belle Epoque lässt Champagner boomen

Dann kam die Belle Epoque. Und damit eine weitere Boomphase für den Champagner, der mittlerweile zu Weltruhm gelangt war und nun auch in Amerika geliebt wurde. Mit dem großen Erfolg wuchsen die Werbemöglichkeiten.

Wie genial für Champagner geworben wurde, stellte Eugène Mercier unter Beweis. Mit 20 Jahren hat er seine eigene Champagnerfabrik gegründet. Bei der Weltausstellung in Paris im Jahre 1889 sorgte er für eine Sensation, als er mit 24 weißen Ochsen das größte Weinfass der Welt aus der Champagne nach Paris ziehen ließ. 16 Jahre lang hatte man an dem Fass gebaut, es ist heute noch in Reims zu besichtigen.

Es enthielt damals ganz genau 200.000 Flaschen seines edlen Champagners.

Straßen mussten erweitert, etliche Häuser gekauft und abgerissen werden. Aber das war noch nicht alles. Als elf Jahre später die Weltausstellung wieder in Paris stattfand, tauchte Mercier mit einem Heißluftballon auf. Am Stadtrand von Paris vertäute man das Fluggerät. Regelmäßig konnten bis zu zwölf Personen damit himmelwärts steigen und Champagner schlürfen.

Gegen Ende der Weltausstellung im November riss sich der Ballon vollbeladen los und trieb Richtung Westen ab. Er flog tatsächlich über Epernay, den Heimatort von Mercier, wo die Leute aus den Häusern kamen und den Havarierten an Bord mit Champagner zuprosteten. Sie dachten irrtümlich, die Flugaktion sei absichtlich erfolgt.

Nach 16 Stunden landete der Ballon dann schließlich auf der belgischen Seite der Ardennen. Schnell waren Gendarmen vor Ort und untersuchten den Ballon. Sie fanden natürlich ein paar Restflaschen Champagner und verdonnerten Eugène Mercier zur Zahlung einer Geldstrafe. Wegen illegalen Alkoholimports.

Die Story verbreitete sich in Windeseile. Mehr Werbung geht nicht. Die im Jahre 1920 beginnende Prohibition in den USA stellte übrigens kein großes Problem für die Champagnerhäuser dar. Hektoliterweise wurden ihre Erzeugnisse etwa durch Al Capone ins Land geschmuggelt. Da die Einfuhrzölle wegfielen, war das Luxusgetränk sogar billiger erhältlich als vor dem Alkoholverbot. In den Prohibitionsjahren wurden in den USA deshalb mehr Flaschen als je zuvor verkauft.

Heute gilt Champagner als festlichstes aller Getränke. Etwa 400 Millionen Flaschen werden pro Jahr hergestellt. Damit kann man viele Badewannen füllen. Die Rebfläche des Champagners entspricht mit 33.000 Hektar ungefähr ein Drittel der gesamten deutschen Weinanbaufläche. Mit anderen Worten: Frankreich produziert alleine mit Champagner so viel wie ein Drittel der deutschen Weinproduktion.

Seien Sie darüber nicht frustriert, sehen Sie es als Aufgabe!

 

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Über den Autor

Ingo Konrads ist mit Leib und Seele Weinkabarettist. Seit sechs Jahren spielt er mit Wein- und Wortwitz auf hohen Bühnen und in tiefen Kellern. Er lebt mit Frau, Sohn und Weinkeller in Remagen am Rhein. Das Beste aus seinem humoristischen Schaffen hat der Künstler nun in Buchform herausgebracht: "Das Wein-Comedy Buch*" (tredition Verlag, 180 Seiten, 18,99 Euro)

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