Wein ist ein besonderer Saft. Er atmet Geschichte. Und mit jedem Schluck bekennt sich der bewusste Trinker, Genießer und Kenner dazu. Er dokumentiert Bodenständigkeit, Selbstbewusstsein, Feingefühl, Stil, Geschmack, Geist und neuerdings eben auch Zeitgeist. Wählt er gar einen besonders teuren Tropfen, zeigt er darüber hinaus Großzügigkeit, Wohlstand und Noblesse. Oder wie der Lateiner sagen würde: Vinum bonum deorum donum (Ein guter Wein ist ein Geschenk der Götter). Mal ehrlich, so jemand kann kein schlechter Mensch sein. Und selbst wenn doch: Wer will das wissen? Der Typ hat Geschmack!
Wer dazu noch Rebsorten, Anbaugebiete und erlesene Weine, wie Château Lafite Rothschild, Château Mouton Rothschild, Château Margaux und Château Pétrus plus deren bessere Jahrgänge unterscheiden und passend zum Essen auslesen kann, genießt selbst die Anerkennung von Sommeliers. Keine Frage, ein solches Brimborium ist ein absurder, eitler Ritus. Aber das ist Porsches auf Behindertenparkplätzen abzustellen auch. Nur dass das Weinwählen die größere intellektuelle Leistung erfordert.
Wein einschenken: Hier zeigen sich die Tischmanieren
Dennoch gibt es rund um den Wein – egal, wie edel der Tropfen auch ist – auch ein paar Fettnäpfchen. Vor allem bei Tisch. Mit keinem anderen Bereich verbinden wir so stark gutes Benehmen wie bei Tisch.
Tischmanieren haben die größte Außenwirkung – und sie sind häufig der Stolperstein für Menschen, die im Job eine höher dotierte Position anstreben. Denn den krönenden Abschluss eines Auswahlprozesses bildet oft ein gemeinsames Essen mit dem Chef oder dem Arbeitgeber in spe.
Kniggetipps: Hätten Sie es gewusst?
- Wird vor dem Essen beispielsweise ein Aperitif gereicht, wird dieser nicht mit an den Tisch genommen, das erledigen, wenn überhaupt, die Kellner.
- Die eingedeckten Gläser am Tisch wiederum werden von rechts nach links verwendet. Alle Gläser werden stets am Stiel angefasst oder – falls nicht vorhanden – im unteren Drittel.
- Angestoßen wird übrigens nur mit Wein, Champagner oder Sekt. Nicht mit Bier, Wasser oder Limonaden. Vornehmer ist aber sowieso, das Glas nur anzuheben und sich zuzunicken.
Und wie schenkt man Weingläser richtig ein?
Auch bei dieser eigentlich recht simplen Geste als Gastgeber kann man Fehler machen. So geht es richtig:
- Weißwein/Roséwein: 1/3 bis 1/2 des Glases
- Rotwein: 1/4 bis 1/3 des Glases
- Schaumwein: 2/3 des Glases
Warum wir uns mehr Wein einschenken, als wir wollen
Fragt man passionierte Weintrinker, würden die freilich allesamt behaupten, dass sie ihren Weinkonsum im Griff haben und genau nur so viel Wein trinken, wie sie wollen. Eine schöne Vorstellung – leider Selbstbetrug. Wissenschaftler von der Cornell Universität sind da leider ganz anderer Meinung und sagen: Unter bestimmten Umständen und egal welcher Weintrinkertyp Sie sind, gießen wir uns ganz gerne mal wesentlich mehr ein, als wir wollen (und sollten). Vor allem drei Komponenten sind dabei entscheidend…
Weinart: Es klingt verrückt, aber tatsächlich schenken wir uns regelmäßig mehr Weißwein ein als Rotwein. Dasselbe Glas, die gleiche Lust auf Wein – vom Weißwein gönnen wir uns mehr und machen das Glas im Schnitt um 9,2 Prozent voller. Die Forscher vermuten als Grund den Kontrast: Weil das Glas beim Rotwein einfach schon in geringeren Mengen voller aussieht.
Glasform: Wenig überraschend, aber in einem breiten Glas gönnen wir uns mehr Wein als in einem schmalen. Offenbar lassen wir uns – ganz banal – von der zweidimensionalen Höhe des Weinpegels im Glas täuschen. Ans dreidimensionale Volumen denkt dabei keiner. Folge: Wir trinken ganze 11,9 Prozent mehr!
Berührung: Der wohl überraschendste Effekt aber ist dieser: Wer das Glas berührt oder in der Hand hält, während er oder sie einschenkt, ist prompt großzügiger. Ebenfalls um stolze 12,2 Prozent. Wenn Sie also weniger trinken wollen: Lassen Sie das Glas auf dem Tisch stehen und gießen Sie dann ein!